Esther änd Dominik ar going tu Niusiländ. Änd hir is sö pleis tu ried all sö sings dät dei häf egspiriensd. Fönni storis, brefteiking ädwentschörs änd matsch mor. Iur komments ar wellkom of kors!

Mittwoch, Oktober 18, 2006

Zopf

Eine der Überlebenstrategien von Schweizern im Ausland ist das Backen von Zöpfen. Damit holt man sich ein Stück Heimat in traute Heim, findet immer wieder ein Diskussionsthema bei den Kollegen (Mittagessen an der Uni, ich mit Zopf-Schinken-Sandwich, "what's that?" "Well, we call it a Zopf, that means Braid"... und dann später "...with milk!?").

Bloss, Zopf machen sollen und Zopf machen sind zwei paar Schuhe. Ich weiss noch, wie ich früher bei Freunden mal belächelt wurde, als ich zum Brunch einen Migroszopf mitgebracht habe... Jeder hat diese Typen in seinem Freundeskreis. Diese Militanten Eigenbäcker, die ungefragt überall ihre Zöpfe mitbringen und ihre Tat dann nach Lob heischend mit "diesmal ist er mir nicht so gut gelungen" oder "das ist ja auch wirklich schnell gemacht" kommentieren. Die gehören alle mit Nutella geteert und mit Hagelslag gefedert. Und dann raus auf den Balkon, während wir anderen ihren Zopf essen. Der Zopf schmeckt dann auch meistens nach Hefe, womit der Balkonaufenthalt zu Strafe gleich nochmals verlängert wird. Und zwar ohne Parisiennenachschub!

Und mittlerweile sind wir auch so. Es ist schlimm. Und drum will ich Euch auch mein Zopfrezept verraten. Ich will es insbesondere Etienne verraten, weil der den Zopf auch sehr vermisst. Also, hier das Rezept für den Auslandschweizerzopf:
  1. Weissmehl kaufen. Von der besseren Sorte. Hier in Neuseeland gibts "standard" und "high grade". Dann mal lieber "high grade". Und nichts kaufen was "self raising" ist! Einfach Weizenmehl.
  2. Hefe kaufen. Hier gibts nur Trockenhefe. Ich glaube Frischhefe in Blöcken kriegt man nur in hochentwickelten Brotländern. Ausserhalb von Europa wohl kaum. Trockenhefe kommt in Beutel und Gläsern als Pulver oder Kügelchen. Pulver ist gut. Ein Sachet pro Zopf ist gerade recht.
  3. Milch, Butter, Salz, Ei, Backpapier, warmer Ort (Heizungsraum?) und grosser Topf mit Deckel bereit haben.
  4. 50 g Butter schmelzen (diese Anggemödeli haben ja hinten oft so Unterteilungen in 50 g Schritten auf der Verpackung, sehr praktisch). Neuseeland ist eben ein cup-Land. Hier wird alles in cups und spoons gemessen, in Tassen und Löffeln. Damit spart man sich die Haushaltswaage. Und man hat auch verdammt Probleme, wenn man versucht ein Rezept zu importieren: 75 g Zucker?! Was zum..., na, ich kipp einfach mal was rein...). Die Butter übrigens auf kleiner Flamme schmelzen. So dass sie einfach gerade flüssig ist. Kochende Butter über die Hefe zu giessen wäre nicht so gut. Die arme Hefe gibt dann seufzend den Geist auf und fährt ins Hefenirvana wo sie den ganzen Tag Bier fermentieren darf.
  5. Im grossen Topf (gross! Wir reden hier von Spaghettitopf. 5 Liter oder ein wenig mehr. Aber kein hoher Topf, weil wir müssen ja noch reinkommen mit den Händen) 5 Tassen Mehl mit dem Sachet Trockenhefe mischen (nicht einfach darüberkippen. Mischen. Weil dann ist die Hefe schon überall im Teig), einen Teelöffel Salz (gehäuft) reinkippen und die flüssige Butter drüber. Dann eine Tasse Milch dazu und müschen!
  6. Kneten kneten kneten. Am Anfang ist ein durcheinander, alles klebt, alles ist zäh. Mit der Zeit verschwindet die Milch im Mehl und der Teig wird wieder trocken. Dann ein wenig Milch dazugeben und weitermachen. Das Ziel ist ein Teig, der nicht ganz angenehm zu kneten ist, weil er immer noch klebrig ist. Immer wenn man Milch dazu gibt, gibt es eine Riesensauerei. Alles matscht und unter den Fingernägeln ist Teig und an der Uhr auch (ja, das habe ich nicht gesagt, die Uhr sollte man voher abziehen, aber jetzt ist es auch schon zu spät. Überall Teig an der schönen Rolex, Mist!). Doch mit der Zeit normalisiert sich der Teig wieder und wird trockener. Dann wieder ein wenig Milch, es Gütschli, und weiter. Wenn man wirlich mal zuviel Milch drin hat, dann kann man das mit Mehl ausgleich, aber lieber vorher noch ein wenig kneten. Das war meine grosse Lektion: Der Zopf wird viel besser, wenn der Teig schön feucht ist. Also nicht diesen Brotteig vor dem inneren Auge haben, wie man ihn so vom Fernsehen her kennt oder so. Ein wenig feuchter bitte.
  7. Weiterkneten! Das Kneten ist gut für die Seele und für die Armmuskulatur. Darauf stehen die Frauen. Und zweitens wärmt man damit den Teig auf. Das bringt die Hefe in die Gänge. Das Kneten ist nicht dazu da, Luft in den Teig zu bringen. Die Hefe braucht keine Luft, die arbeitet anaerob.
  8. Zu diesem Zeitpunkt, wenn man den Teig unter Kontrolle gebracht hat, kann man ihn auch aus dem Topf nehmen und auf dem Tisch kneten. Ist einfacher. Und jetzt macht man ja auch keine Sauerei mehr. Sollte man vorher auf dem Tisch Zwiebeln geschnitten, Öl gewechselt oder Heroin gestreckt haben, dann vorher schnell saubermachen.
  9. Weiterkneten! Wir reden hier von 5 bis 10 Minuten.
  10. Teig zurück in den Topf, Deckel drauf und ab in die Wärme. Je näher bei 37 Grad, desto besser. Damit beschleunigt man den Stoffwechsel der Hefe, die jetzt eifrig allen Zucker in Alkohol umwandelt. Das ist in diesem Fall egal, weil der Alkohol verdampft beim Backen, aber neben dem Alkohol gibt es auch Kohlendioxid, und das lässt den Teig aufgehen wie das Universum nach dem Urknall.
  11. Raus gehen. Shoppen. Joggen. Liebe machen. Irgendwas was zwei Stunden dauert. Dann zurückkommen und den Teig inspizieren. Och! Der ist ja aufgegangen!
  12. Zurück zum Tisch und den Teig in zwei Teile teilen. Jetzt kommt die Sache mit dem Flechten. Es gibt dutzende von Flechtmethoden und alle sehen am Ende bescheuert aus, weil man das einfach nicht kann. Also lieber die einfachste: Beide Teighälften nacheinander zu langen Würsten rollen. So eineinhalb bis zwei Unterarme lang. Mit Glück sind sie in der Mitte dicker als am Ende, wenn nicht, dann versuchen wir es halt ohne. Die beiden Würste im Kreuz übereinanderlegen. Die Enden der unteren Wurst packen, über der oberen Wurst kreuzen und wieder hinlegen. Dasselbe mit der anderen Wurst machen. Hin und her, abwechselnd die Würste kreuzen. Das kann man etwa zwei mal machen, dann kippt der Zopf, weil wir ja in die Höhe zöpfeln, das kann ja nicht gut gehen. Ignorieren und in die neue Richtung die vom gekippten Zopf vorgegeben ist weiterzöpfeln. Wegen dem Kreuzen der beiden Wursthälften noch was: eine Wursthälfte geht ja links vorbei und eine rechts. Beim Zurückkreuzen bleibt das so. Die linke bleibt links, die rechte rechts. Nicht die auch noch kreuzen. Aber das verwirrt jetzt vielleicht eher als das es hilft. Gegen Ende des Geflechtes ist dann ein Wurstende sicher schon zu früh aufgebraucht und die anderen noch nicht, dann nuschelt man halt alles zusammen und legt es unter den Zopf, das sieht dann einigermassen akzeptabel aus.
  13. Den ganzen Zopf vorsichtig auf das Backblech legen, das man vorher mit Backpapier belegt hat.
  14. Ofen auf 200 Grad (400 Grad Fahrenheit!) einstellen und das Bleck mit dem Zopf zurück an den warmen Ort stellen. Dort kann der Zopf jetzt nochmals ein wenig aufgehen.
  15. In der Zwischenzeit ein Ei verquirlen und damit dann den Zopf bestreichen. Kein Pinsel zur Hand? Mit den Fingern gehts auch! Einfach vorsichtig. Dann noch eine Tasse Wasser in den Wasserkocher/in die Mikrowelle und heiss machen.
  16. Ab in den Ofen mit dem Zopf. Die Tasse mit dem heissen Wasser daneben. Je feuchter das Klima im Ofen desto besser.
  17. So nach einer halben Stunde mal vorbeischauen. Nicht erschrecken, das Ei auf dem Zopf wird recht schnell dunkel und lässt den Zopf ein wenig dunkler erscheinen als er eigentlich ist. Wenn der Zopf dann so aussieht, wie er sollte, dann ist er gut. Klar, es gibt da noch diese Tricks: Zopf umdrehen und mit einem Holzlöffel draufklopfen. Wenn es hohl tönt, dann ist der Zopf gebacken. Aber keine Panik, nach einer halbe Stunde ist der Zopf ziemlich ok.
  18. Rausnehm, auf einem Gitter auskühlen. Fertig.
Wer zuviel Hefe genommen hat (ich habe Euch gewarnt!), dem/der sein Zopf ist in die Breite gegangen und quasi zerflossen. Bad! Alle anderen kriegen fünf von fünf Punkten!

was ihr dazu meint:

Anonymous Anonym said...

Also jetzt muss ich da grad mal was richtig stellen: ich hab schon paar mal ganz selber Zopf gemacht, naemlich - mein Rezept ist zwar etwas kuerzer, aber dafuer hab ich eine Kuechenmaschine, da geht das Kneten schneller (ok, zwar ganz ohne Handwaerme - aber auch ohne dass das ganze Zeug unter den Fingernaegeln klebt, das ist es wert). Aber jetzt hat er gehabt, der Etienne, jetzt gibts kene Zuepfete mehr! Naemlich! - ok, zumindest nicht bis ich wieder nach einem lechze ;-)
Hoffentlich gibt's in NZ gute Kochbutter fuer den Zopf; die hier in der USA taugt leider nichts. Ist einfach so weisse Fettmasse die nach Nichts schmeckt...

18.10.06

 
Blogger Dominik said...

Oha! Voll in den Fettnapf getreten. Na, um ehrlich zu sein, ich hätte es ja wissen müssen... Doch ich zitiere Etienne: "hatte ich doch schon seit ueber einem Jahr keinen Zopf [...] mehr." Jetzt hat er einen guten Grund, Dir einen Zopf zu backen!

18.10.06

 
Anonymous Anonym said...

Mmmh, I likes. Hunger.
Ich geb die Milch immer in die Butterschmelzpfanne, die Hefe und etwas Zucker dazu, dann ist da nix zu heiss. Die Hefe löst sich schön auf, hat es feucht, lauwarm und süss wie sie es mag. Die ganze Sosse kommt dann zum Mehl, dann ist die Hefe gar wunderbar verteilt. Ab unter die Kitchenette. Hab ich so von meiner Mutter gelernt.
Keep on braiding!

18.10.06

 
Blogger Franca said...

Aah, danke für die Inspiration... ich merkte soeben wie sehr ich eigentlich Zopf vermisse. Und wenn ich mich nicht täusche so haben wir sogar schon alle Zutaten im Haus, juhui!

In Schweden gibt es zwar Frischhefe, dafür aber bedauerlicherweise keinen fertigen Kuchen- und Blätterteig. Eine Wähe zu backen wird hier so zu einem riesigen Unternehmen...

18.10.06

 
Blogger Dominik said...

Ach ist das schön, so über Zöpfe zu fachsimpeln! Ja, Franca, ich leide übrigens mit Dir. Hier gibts auch keinen fertigen Kuchenteig.

Und das nächste Unternehmen wird sein, selber Gipfeli zu machen. Die sind hier nämlich nicht brauchbar. Aber das ist glaub ich ein paar Stufen oberhalb vom Zopf.

18.10.06

 
Anonymous Anonym said...

Hilfe!!!!!!
Diese lange Gebrauchsanweisung kann ich erst in den nächsten Ferien lesen oder in den nächsten zwei Wochen jeden Tag ein Kapitel - wäre auch zu schaffen. Warum probierst du es nicht mit Youtube oder wie das heisst. Beim Zuschauen lernt man schneller.

19.10.06

 
Anonymous Anonym said...

Eine Zopfflechtflashanimation wär auch nicht schlecht.

19.10.06

 
Blogger judith said...

mutig mutig domi, deine so umfangreiche teigige ausführung...*schmunzel*
kombination brotbacken und domi, da kommen bei mir doch glatt noch ein paar wage erinnerungen an den ungarischen sommer 2005 auf (jäjäjäjäjä).

19.10.06

 
Anonymous Anonym said...

Bleibt noch die weltbewegende Frage, auf welcher Seite man den Zopf anschneidet, auf der kleinen, wo es dann mehr Kruste als Zopf hat oder auf der grossen, wo die ersten herrlichen, weichen Schnitten zart den Gaumen erfreuen. Dafür wird das andere Ende trocken und man muss den Rest eintunken. Wenn der Zopf auf beiden Seiten gleich dick ist, ist es kein richtiger Zopf.

19.10.06

 
Anonymous Anonym said...

Da gehe ich lieber gleich zu "Sutter", und habe meinen Sonntagszopf.

19.10.06

 
Blogger Dominik said...

Wo Du recht hast, hast Du recht.

Nur leider gibt es das hier nicht. Hier ist "Bäckerei" ein Geschäft das gefrorene Backwaren aufbackt und verkauft. :-(

19.10.06

 
Anonymous Anonym said...

Heute bin ich mit Lesen bis Punkt neun gekommen. Dazu: Unsere Kochlehrerin - und sie war eine urchige, stämmige Bernerin, die Zöpfe backen konnte und wie! - die hat uns gelehrt, man müsse den Teig schlagen, klopfen, von hoch über dem Kopf auf den Tisch prätschen. Da hat die Haut an ihren Oberarmen immer so geschlottert, dass mir angst und bang wurde.

19.10.06

 

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