Des Strohwitwers neunter bis vierzehnter Tag - leichtsinnige Eskapaden


Esther gehts wie gehabt blendend. Sie reist von Naturwunder zu Naturwunder und nähert sich Queenstown, der Endstation der Reise.
Esther änd Dominik ar going tu Niusiländ. Änd hir is sö pleis tu ried all sö sings dät dei häf egspiriensd. Fönni storis, brefteiking ädwentschörs änd matsch mor. Iur komments ar wellkom of kors!
Um sechs Uhr vom Wecker aus dem Schlaf geholt. Kalte Wohnung. Schnell unter die heisse Dusche und Müsli runterschlingen. Dann ab in den warmen Pub. Dort wartet ja das Spiel Schweiz-Korea auf mich. Ich sehe mich schon inmitten von wogenden Koreanern. Ah, da ist er der Pub, schnell durchs Fenster auf den Schirm gelinst und... Was!? Wer trägt denn da blaue Trikots?? Frankreich?! Togo?! Wer zum Teufel hat diesen idiotischen Entscheid gefällt??? Ist ja wirklich super. Sechs unrasierte Franzosen und ich. Toll. Das lohnt sich ja auch für den Pub. Trinken ja eine Menge weg, so sechs Franzosen. Halloooo!!! Es gibt wohl nirgends soviele Koreaner ausserhalb von Korea und ihr zeigt Fra-Tog? Aber alles Ärgern hilft nichts. Kaffee bestellen und die 90 Minuten absitzen, schliesslich zeigen sie nachher das Spiel als Wiederholung. Immerhin konnte ich 90 Minuten lang darüber nachgrübeln, ob Zidane wirklich gebraucht wird, oder ob "les bleus" ohne ihn nicht befreiter aufspielen. Aber eigentlich war es mir egal. Endlich! Die Schweiz. Ob sie wohl...? Doch nach dem ersten Tor tippt mir bereits der Barkeeper auf die Schulter und meint er würde jetzt schliessen. Sind denn die alle bescheuert hier!? Dann bleibt mir ja gar nichts anderes mehr übrig als im Labor den Compi anzuwerfen und Spiegel Online abzufragen. Immerhin noch ein wenig Spannung. Irgendwie. Ein ganz klein wenig. Dummerweise öffne ich vorher mein Mailprogramm und das ladet automatisch ein Mail der Uni Basel runter dass man nächsten Montag das Spiel Ukraine-Schweiz... Mist! So wollte ich das nicht erfahren!
Ja, ich lebe noch. Und dieses Leben habe ich zwischen Labor, Pub und Bett verbracht. Ziemlich hart. Insbesondere, weil 24 Stunden für obiges Programm nicht reichen und sich mein Schlaf-Wachrütmus dermassen verschoben hat, dass mein Biorütmus das gar nicht mehr lustig fand. Gestern habe ich dann die Notbremse gezogen und jetzt bin ich wieder "back to normal".
Gäääähn! Herrjemine, Fussballspieleschauen macht müde. Ich habe es tatsächlich fertiggebracht, um halb vier aufzustehen (bin ganz stolz auch mich) und in den Pub zu pilgern. Dort war auch schon eine Handvoll Fans zugegen - Brasilianer und Australier. Die Brasilianer alle in gelb-grünen Ronaldo-T-Shirts und natürlich in bester Feierlaune, die Australier eher so langhaarig-, surfer-, hängermässig mit dunklen Kapuzenpullis. Und ich mittendrin. Die Brasilianer kommentierten jeden Ball mit "AAAAhhhhh!", "OHHHHH!" und "Ueppaaaaaa!!!" und jubelten wenn der Ball schon nur in der Nähe des gegnerischen Tores war.
Huuu habe ich auf den Putz gehauen! Eine ganze Kiste Bier alleine getrunken, sieben Pack Zigaretten weggequalmt und allen Frauen hinterhergepfiffen!
Esther ist weg. Und ich bin wieder allein allein.
Gestern Abend war grosser Rugbyabend. Natürlich ist zur Zeit die Fussball WM am Laufen, aber hey, wir sind in Neuseeland, da ist Rugby nunmal einfach wichtiger. Insbesondere wenn die All Blacks spielen. Die All Blacks sind das Nationalteam von Neuseeland. Die All Blacks sind umwerfend! Grosse, breite, starke Mannen. Und wenn die Rugby spielen, dann muss man den Sport einfach lieben. Das beginnt schon vor dem Spiel, wenn sie mit dem Haka den Gegner in Furcht und Schrecken versetzen: Die All Blacks stehen in der Mitte des Feldes, es ist still. Dann schreit einer mächtige Worte in einer unverständlichen Sprache und die anderen antworten. Sie stampfen und schlagen auf ihre Oberschenkel und reissen Grimassen, es ist herrlich archaisch!
Ka mate, ka mate!Und dann geht's los. Pure Kraft. Pass! Er packt den Ball, rennt so schnell er kann. Zwei Gegner stellen sich ihm entgegen. Mitten im Spurt wirft er den Körper erst nach links, ha! dann nach rechts, ha! und entwischt ihnen. Doch die Abwehr schliesst sich. Ballabgabe! Weiter! Nochmals Ballabgabe! Und dann treffen sie aufeinander. Zack, ein zwei-Meter Mann wird durch die Luft geschleudert! Und bereits werfen sich die anderen auf ihn. Baff! Baff! Ein Berg von Muskeln. Der Ball darf nicht gehalten werden. Da! Es geht weiter. Und schon wird er wieder vom Gegner gestoppt, doch hinter ihm stehen zwei weitere All Blacks die ihn einfach durch die gegnerischen Reihen durchdrücken. Und dann eine Täuschung. Der Körper dreht sich nach rechts, eine Ballabgabe wird vorgetäuscht, aber der Ball geht nach links. Genau im richtigen Moment zieht ein anderer Spieler vorbei, packt den Ball und bricht durch. Und obwohl sich ihm drei Gegner in den Weg stellen, sein Körper ist schon beschleunigt. Er fliegt, und schlägt hinter der Trylinie auf den Boden. Score!
Ka ora, ka ora!
Ka mate, ka mate!
Ka ora, ka ora!
Tēnei te tangata pūhuruhuru
Nāna nei i tiki mai whakawhiti te rā!
Ā upane, ka upane!
Ā upane, ka upane!
Whiti te rā, hī!